Bauten: Stadtkeller

Der Stadtkeller (Enge Gasse Nr. 16)

Das ehemalige Gasthaus "Zur Goldenen Gans" zählt zu den ältesten Wohnbauten der Stadt. Das ursprünglich wohl zur Styraburg gehörige Gebäude besaß nach V. Preuenhueber um 1318 der Stadtrichter Peter Panhalm. Er ließ in dem Hause eine Kapelle zu Ehren der hl. Anna erbauen und stiftete hiezu einen jährlichen Dienst vom Bad in der Stadt (Oberes Stadtbad, heute Stadtplatz 37).

Im Jahre 1345 verkauften die Panhalm und die Mitbesitzer Härtelder Steinreiter und Wetzel von Aerbing das Haus ("genannt das Gewölb, zwischen Heinlein des Juden und Friedlein des Goldschmieds Häuser gelegen") samt Hauskapelle an Ulrich dem Kitschner. Dieser war Stadtrichter in den Jahren 1390 und 1392 - 1396. Bis zum Jahre 1500 stand der Stadtrichter, der damals nur die niedere Gerichtsbarkeit ausüben durfte, auch an der Spitze der Stadtverwaltung. Erst im Jahre 1499 erhielt Steyr vom Landesfürsten (Kaiser Maximilian I.) das Recht der Bürgermeisterwahl. Nun bildete der Bürgermeister die oberste Verwaltungsinstanz, während dem Stadtrichter nur mehr die Judikatur zustand.

Im 16. Jahrhundert waren die Besitzer des mächtigen Hauses durchwegs Handelsleute (Strasser, Köberer, Vorster, Khierner), im 17. und 18. Jahrhundert und später Gastwirte (Daninger, Wolf, Waldl, Stockinger, Weißmayr). Nach 1837 gehörte die Liegenschaft den Familien Breitenlachner, Laveran, Prandstetter, Wild, Hirschlehner, Halbmayr, Detter und Bucsek.

Das wuchtige Renaissance-Portal mit dem markanten Schlussstein zeigt große Ähnlichkeit mit dem etwas zierlicher gestalteten Tor des Innerbergerstadels. Es dürfte demnach um 1610 entstanden sein. Die lange Hausfront, beschädigt einst durch die Brände der Jahre 1727 und 1824, gliedern in den Stockwerken achtzehn Fenster mit barocken Einfassungen.

Von dem alten Einkehrgasthof, der über eine sehr geräumige Hofanlage verfügt, führt, wie im Zweiten Weltkrieg im Zuge der Luftschutzmaßnahmen festgestellt wurde, ein uralter unterirdischer Gang zum Schloss hinauf. Bei Aufräumung des in demselben befindlichen Schuttes kamen drei eiserne Pfeilspitzen, eine Spitzhacke, ein halbes Hufeisen und mehrere Topfscherben zum Vorschein.

Wann dieser Gang entstanden sein mag und welchen Zweck er zu erfüllen hatte, ist nicht überliefert. Wahrscheinlich handelt es sich um einen Fluchtweg.

Dr. Josef Ofner

(V.Preuenhueber, Annales Styrenses, 1740. - F.Berndt, Unterirdische Gänge in Steyr, 1957. - E.Krobath, O.Ehler, Bemerkenswerte Bauten der Altstadt Steyrs und ihre Besitzer, 1957)

Amtsblatt der Stadt Steyr Nr. 9/1973