Bauten: Stadtplatz 5

Das Haus Stadtplatz Nr. 5

Stadtplatz 5Das aus gotischer Zeit stammende Handelshaus zählt zu jenen Gebäuden, die durch den verheerenden Stadtbrand am 29. August 1727 bis auf die Grundmauern zerstört wurden. Die in vier Fensterachsen gegliederte Schauseite mit dem breiten Renaissancetor aus dem ersten Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts wurde nach dem Brande durch Aufmauerung der zierlichen Attika erhöht und mit einer zarten Stuckdekoration versehen. Diese umrahmt ein ovales, stark nachgedunkeltes Ölgemälde, das die Verherrlichung der Hl. Dreifaltigkeit darstellt. Wirkungsvoll ist die mit einem Madonnenbild und geometrischen Sgraffiti geschmückte ennsseitige Fassade.

Für Natur und Kunst aufgeschlossen war der Besitzer lgnaz Struggl (Strüggl). Dies geht hervor aus seinen "Reisebüchern", in denen er seine Fahrten nach Mariazell, Salzburg und Passau schildert. Über den ersten Abschnitt seiner Reise nach Mariazell, die er mit einer Fahrt auf der Donau und einem Aufenthalt in Wien verband, schreibt er: "Den 2ten Juni 1825 als am Abend des Fronleichnamsfestes begann unsere schon lang vorgemerkte Reise und Wallfahrt. Mein Vater, Herr Ziegler, Gastwirt, Herr Pius Egger, Handlungs- Kommis, Ferdinand Sabristaner und ich machten die Reise Compagnie aus. Um 4 Uhr nachmittags reisten wir von hier ab, ich und Hr. Pius gingen voraus, da die andern im Wagen erst später nachfuhren, und wir beide wanderten bis Dietachdorf gehend fort, wo uns der Wagen erst einholte und wir im Namen des Herrn mitsamen fortfuhren. Unser Weg ging durch die regulär gebaute alte Stadt Enns, wovon ich wegen Nähe und ohnehin mir bekannter Ort nichts von der Lage schildern will; durch die Mauthausner Gasse fuhren wir über die langen Auen, welche sich zwischen der Enns und nahen Donau bilden. Enghagen, ein Bauerndorf mit sehr vielen Salzstädeln liegt wie in Inseln auf dem mächtigen Donaustrom; unzählige Salzschiffe lagern hier herum, und man erblickt jetzt, nachdem man immer weiter nördlich fährt, die offene Donau, welche uns all morgen auf ihren weiten Wogen nach Wien bringen soll.

Der Wagen hielt an der Mündung der Enns in die Donau still und fuhr unter Segenswünschen an die Daheimgebliebenen nach Steyr retour. Und wir schifften in einer Weizzille nach dem lieben Donauufer, nach dem angenehmen Markte Mauthausen um 8 Uhr abends hinüber. Die Sonne spiegelt sich beim Untergang in der Donau und machte die Gegend sehr reizend und ließ uns einen schönen morgigen Tag versprechen. Wir lagerten uns, nachdem wir auf der Lend, welches sehr hübsche Häuser hat, ein wenig herumspazierten, im Gasthaus "Zum Grünen Baum" und nahmen unter gutem Appetit den Nachtimbiß ein, wonach uns von zwei böhmischen Mädchen Gesang und Harfenspiel sehr fröhlich machten, und nach diesem begaben wir uns zu Bette. Nachdem wir uns um 5 Uhr morgens angekleidet hatten, nahmen wir uns vor, den Ort gut zu besichtigen".

Ab 1862 waren Eigentümer des Hauses Adolf und Anna Gottwald, Franz und Franziska Johanus, Dr. Wilhelm Stigler, Johann und Berta Klaffenböck und die Stadtgemeinde Steyr, heute besitzt es Maria Kaltenbacher.

Dr. Josef Ofner

(Archivalien im Stadtarchiv. - Dehio, Oberösterreich, 1958. - E.Krobath, O.Ehler, Bemerkenswerte Bauten der Altstadt Steyrs und ihre Besitzer, Veröffentlichungen des Kulturamtes der Stadt Steyr, Heft 16/1956.)

Amtsblatt der Stadt Steyr Nr. 10/1972