Bauten: Hl. Geist-Apotheke

Die Hl. Geist-Apotheke (Kirchengasse 16 - Dipl.Ing. Heinrich Dunkl, Dr. Gerwalt, Ister Oda)

Die Hl. Geist-Apotheke (Kirchengasse 16)Bis um 1480 lag das sehenswerte Bürgerhaus an der Stadtmauer, die bis dahin den Stadtteil "Innersteyrdorf" (Michaelerplatz, Kirchengasse, Badgasse) umschloss. Zu dieser Befestigung gehörte auch der im Garten dieses Hauses befindliche Wehrturm, heute eine Ruine, im Volksmund "Hungerturm" genannt. Auch das 1842 durch Brand zerstörte, bei der Apotheke die Kirchengasse überspannende Torgebäude ("Brittingertor") zählte zu diesen Wehranlagen, und es ist nicht ausgeschlossen, daß Reste der erwähnten Stadtmauer, die gegen Ende des 15. Jahrhunderts durch den auch um "Außersteyrdorf" (Sierninger-, Schuhboden- und Gleinkergasse) erbauten Mauergürtel überflüssig geworden war, zur Errichtung des westlichen Hoftraktes des Apothekerhauses verwendet wurden.

Nach Vollendung der erweiterten Stadtbefestigung erstand in den ersten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts, vielleicht um 1520, der spätgotische, mit geschuppten, gerauteten und gedrehten Säulen und Maßwerkornamentik ausgestattete Arkadengang des Vorderhauses. An der West- und Nordseite begrenzt den prächtigen Hof, er ist der schönste dieser Art in unserer Stadt, ein Arkadengang aus der Renaissance.

Die Hl. Geist-Apotheke (Kirchengasse 16)Das herrliche Bauwerk ließ jedenfalls der reiche Ratsbürger und Handelsherr Lorenz Gutbrodt aufführen, da im ältesten Steuerbuch der Stadt Steyr aus dem Jahre 1543 seine Erben als Besitzer des Hauses genannt werden. Gutbrodt war innerhalb kurzer Zeit durch den Handel zu großem Reichtum gelangt, auch im Stadtrat spielte er eine bedeutende Rolle. Wie Preuenhueber in seinen Annalen berichtet, beschwerten sich über ihn um 1507 die Handwerker: "Der sey noch vor 8 Jahren ein armer Diener genest, jetzo aber habe er wohl 8000 fl. im Messer-Handel. Dann er sich an fremde Leute gehänget, und mit deren Hülffe alle Messer allhie aufgekaufft, daß kein anderer Burger, so hievor den Messer-Handel geführet, nun weiter könne fortkommen. Solches sey zwar dem Rath zu verschiedenen mahlen angezeigt, aber keine Aenderung fürgenommen worden".

Nach Lorenz Gurbrodt, an dessen Tod im Jahre 1527 ein prunkvolles Epitaph im Nordportal der Stadtpfarrkirche erinnert, gehörte der Besitz bis ins 19. Jahrhundert ebenfalls wohlhabenden Handelsleuten. Erst im Jahre 1834 wurde hier durch Christian Brittinger, der die Liegenschaft um 9000 Gulden C. M. gekauft hatte, eine Apotheke eingerichtet, Auf ihn folgten 1867 Alfred Brittinger, 1880 Emma Brittinger, 1885 Karl und Johanna Arazim, 1891 Mr. Heinrich Lang, 1894 Mathilde Stippl (Anton Stippl), 1910 Mr. Otto Dunkl.

Abschließend sei erwähnt, dass sich Apotheker Christian Brittinger eifrig als Naturforscher betätigte und wertvolle naturwissenschaftliche Abhandlungen verfasste. Zu seinen bedeutendsten Veröffentlichungen zählen: "Flora von Oberösterreich oder systematische Uebersicht aller in diesem Lande wildwachsenden oder im Freien gebauten Samenpflanzen" (1862), "Die Brutvögel Oberösterreichs nebst Angabe ihres Nestbaues und Beschreibung ihrer Eier" (1866).

Dr. Josef Ofner

(Dehio, Oberösterreich, 1958. - V.Preuenhueber, Annales Styrenses, 1740. - F.Berndt, Häuserverzeichnis der Stadt Steyr. - Jahrbücher des Oberösterreichischen Musealvereines)

Amtsblatt der Stadt Steyr Nr. 4/1971