Gräberfund bei Bauarbeiten

07.12.2022

Viktoria: Die Dame aus dem frühen Mittelalter


Einen spektakulären Fund haben Bauarbeiter bei der Sanierung der Mülldeponie im Stadtteil Hausleiten gemacht. Sie sind bei Erdarbeiten auf acht Gräber aus dem frühen Mittelalter gestoßen. Ein Archäologen-Team hat anschließend neben zahlreichen Grabbeigaben, wie Schmuck aus Glas und Bronze, auch Knochen von sieben Menschen freigelegt. Darunter war auch das Skelett einer jungen Frau. Die Dame, vom Grabungsteam Viktoria genannt, hat um das Jahr 700 gelebt, war etwa 1,60 Meter groß und ist im Alter von ungefähr 30 Jahren gestorben. „Wir wissen aus dieser Zeit sehr wenig. Es sollte jedoch auch damals in oder in der Nähe von Steyr schon eine Siedlung gegeben haben“, erklärte der mit der Untersuchung betrauter Archäologe Wolfgang Klimesch.

Erkenntnisse über die Zeit des Frühmittelalters sind schwierig zu erlangen. So wurden zwischen dem 5. und 12. Jahrhundert in unseren Breiten nur Gebäude aus Holz errichtet, auch Geld wurde nicht verwendet, es herrschte Tauschhandel, deshalb gibt es wenig Funde.

Frühmittelalter: Oft herrschte Chaos

Das römische Reich existierte um 700 nicht mehr, das Reich der Franken hatte seine Größe noch nicht erreicht. Mehrere Stämme und Völker nützten das Macht-Vakuum und drangen in die Region an den Flüssen Enns und Donau ein. Oft herrschte Chaos, es wurde geplündert und gekämpft. Besonders gefürchtet waren in dieser Zeit die Awaren, Steppenkrieger aus der pannonischen Tiefebene. Erst der Bayern-Herzog Thassilo, der Gründer des Klosters Kremsmünster, konnte Ruhe in die Gegend um Steyr bringen. 

Wer war Viktoria?

Wer Viktoria war und woran sie gestorben ist, wissen wir noch nicht. Die Knochenuntersuchungen, die in Florida durchgeführt wurden, zeigen aber, dass die muskulös war. Die reichen Grabbeigaben legen nahe, dass sie wohlhabend war. Der Fundplatz nahe der Enns lässt auf eine gute Versorgung mit Lebensmitteln schließen, da die Enns Fische lieferte und die Böden beim Fluss fruchtbar sind.

Die Funde werden sicherlich viele neue Erkenntnisse über die noch wenig erforschte Periode des Frühmittelalters in Steyr bringen. Ihre Überreste werden vorerst im Depot des Stadtmuseums zu weiteren Untersuchungen eingelagert und die Grabbeigaben sollen zur Ausstellung konserviert werden.“ Wir freuen uns sehr über die Diese Funde. Viktoria wird später einen speziellen Platz im Stadtmuseum bekommen“, erklärt Kulturstadträtin Katrin Auer.

Fotos: Magistrat Steyr, honorarfrei


Bei den Grabbeigaben war Schmuck aus Glasperlen. Die außergewöhnlich ausgefeilte Arbeit ist von beindruckender Kunstfertigkeit. In unserer Zeit sind die verwendeten Techniken nicht mehr bekannt.
Schmuck


Von den gefundenen Knochen wurde eine Probe genommen und in einem Speziallabor in Florida etwa mit der C14-Methode untersucht.

Viktoria Knochen


Von links: Kulturstadträtin Katrin Auer, Deponie-Betriebsleiter Stv. Christian Hofer, Gunter Bittermann und Thomas Faller vom Stadtmuseum Steyr sowie der mit der Untersuchung betrauter Archäologe Wolfgang Klimesch.

Gruppenfoto